Quelle: mt-medizintechnik.de – Rund 160 Teilnehmerinnen und Teilnehmer kamen zum vierten Deutschen Interoperabilitätstag in Berlin zusammen. Interoperabilität ist die entscheidende Stellschraube für eine vernetzte, digitale Gesundheitsversorgung. Welche Entwicklungen noch notwendig sind und was bereits funktioniert, diskutierten Gäste aus Politik, Selbstverwaltung und Wirtschaft.
Im Januar 2021 soll die elektronische Patientenakte (ePA) starten. So legen diverse Gesetze und Entwürfe künftige Anforderungen und Regelungen für den interoperablen Austausch fest. Dr. Hans Unterhuber von der Siemens Betriebskrankenkasse betonte, dass es wichtig sei, eine Einigung bei der Entwicklung zu finden. Aktuell seien noch Fragen offen. Daher begrüße die SBK die neue Dynamik in der Gesetzeslage, die durch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn vorangetrieben werde. „Allerdings muss die gematik die Bedürfnisse der Nutzer, also der Leistungserbringer und Patienten, berücksichtigen. Aus Kassensicht sollten die Mitwirkungsmöglichkeiten der Versicherten durch eine gut strukturierte Akte und gut funktionierende Interoperabilität gestärkt werden“, stellte Dr. Unterhuber klar.
Eine Diskussionsrunde fokussierte auf nötige Ansatzpunkte für eine umfassende Interoperabilität zugunsten der Digitalisierung. Ein hoch relevantes Thema stellt dabei die Nutzung internationaler Standards und Profile dar. Das derzeitige System aus nicht standardisierten Datenformaten müsse einem gesetzlich festgelegten Rahmen weichen, damit innovative Lösungen zügig und über Landesgrenzen hinaus verbreitet und genutzt werden können. So wünschte sich Moderator Alexander Ihls, Spitzenverband IT-Standards im Gesundheitswesen e. V., IHE International, das Thema Ehealth als staatliche Aufgabe, denn ein digitales GEsundheitswesen sei nur durch internationale Standards und Profile möglich. Diese Aussage bestärkte auch Teilnehmer Thomas Gallmann: Die Grundlage aller effektiven Prozesse seien standardisierte, valide und digitalisierte Daten, die interoperabel ausgetauscht weren können.
Steffen Hennecke von der gematik präsentierte das neue Selbstverständnis und Selbstbewusstsein der gematik: Künftig will die gematik Koordinationsinstanz für Interoperabilität im Gesundheitswesen und somit erste Anlaufstelle für neue Anwendungen werden – unterstützt durch ein transparentes Wissensportal. Die entsprechende Verbindlichkeit soll durch einen E-Health-Rat geschaffen werden. Damit greift die gematik auf eine Idee zurück, die schon die Interoperabilitätsstudie aufgeworfen hatte. Mitglieder und Aufgaben des neuen Gremiums werden nicht hinter verschlossenen Türen benannt. Im Gegenteil: alle Interessierten aus Politik, Wissenschaft und Industrie sind eingeladen, an einem Stakeholder-Workshop am 10. Dezember 2019 teilzunehmen, um gemeinsam Rollen und Prozesse für den E-Health-Rat zu erarbeiten.
Ein Themenblock zeigte auf, wo interoperable Systeme bereits effektiv die Praxis unterstützen und die Patientenversorgung optimieren. Als Beispiele wurden dabei der Umgang mit Labordaten, die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU), der Entlassbrief der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, die Schnittstellen der Vivantes-ePA sowie das Herzinsuffizienz-Monitoring beleuchtet.
In der letzten Session diskutierten Dr. Gertrud Demmler (SBK), Dr. Thomas Kriedel (Kassenärztliche Bundesvereinigung) und Dr. Ralf Brandner (bvitg) unter der Moderation von Sebastian Zilch (bvitg) zum Motto „Beyond ePA“. Dass zu Januar 2021 ePA-Lösungen für die gesetzlich Versicherten vorliegen werden, sei relativ sicher, so war man sich einig. Ob diese einen ausreichenden Nutzen für die Patienten und Ärzte bieten werde, bliebe allerdings abzuwarten. Dr. Demmler betonte: Wenn es vernünftige Standards gibt, sind die Apps und Anwendungen dahinter völlig egal, wichtig ist die funktionierende Vernetzung!
Zum Abschluss rundete Dr. med. Markus Leyck Dieken, Geschäftsführer der gematik, mit einer Keynote im Abendprogramm den Interoperabilitätstag ab.
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